Wetplate collodion on clear glass, 18x24cm |
Zunächst etwas zur technischen Seite: Vorher habe ich schon viel inszenierte Fotografie betrieben, ein Bild zu machen bedeutete für mich also schon immer einen gewissen Aufwand in der Vorbereitung. Neu hinzugekommen ist mit der Kollodium-Fotografie der Einstieg in die Grossformatfotografie, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Zu schaffen macht mir nach wie vor der immense Lichthunger und die extrem knappe Schärfentiefe bei dieser Aufnahmetechnik. Beides kann aber auch ein Vorteil sein, düstere Bilder entstehen leichter, als jemals zuvor und mithilfe des knappen Fokus kann man wunderbar den Blick des Betrachters im Bild lenken.
Bei der Kollodiumfotografie beliebt ist dieser ganz spezielle "orthochromatische" Look, bedingt durch die Blauempfindlichkeit des Aufnahmemediums werden Erdfarben sehr dunkel dargestellt, Himmelsfarben dagegen extrem hell, Haut erscheint in einem bronzefarbenen fast metallischen Teint. Es ist schwer möglich, auch nur ansatzweise ein Bildergebnis vor der Aufnahme vorherzusehen. Das ist einerseits toll, die Überraschung ist jedesmal ein Erlebnis. Andererseits ist es nicht leicht, ein Bild zu planen und auszuleuchten, wenn man nicht weiss, was einen erwartet. Das gesamte Handling, wie Vorbereitung, Belichtung, Entwicklung, Fixierung und Lackierung der Platten geht inzwischen sehr leicht und routiniert von der Hand. Unter kontrollierten Bedingungen weiss ich inzwischen sehr genau, was mich in Sachen Chemie erwartet und was zum Problem werden könnte. Der grösste und wichtigste Faktor im Kollodiumprozess ist nach wie vor die Temperatur, aber das habe ich inzwischen ganz gut im Griff.
Wetplate collodion on clear glass, 18x24cm |
Eine eingescannte Kollodium-Glasplatte als digitale Kopie auf dem Bildschirm sieht zwar "extrem cool" aus, der Wert wird aber nicht erkannt, weil mit der digitalen Kopie das "Unikat Kollodium-Glasplattenbild" beliebig verfügbar und kopierbar ad absurdum geführt wird. Dass ist so, als würde man seine liebevoll handgestrickten Vintage-Socken beim Billig-Discounter ins Regal hängen. Da werden sie zwar gesehen, aber sicher nicht als etwas Besonderes geschätzt.
Collodion portrait, 18x24cm |
Ein Segen ist es, wenn es mir als Kollodiumfotograf bei der Suche nach einem Model gelingt, zu vermitteln, worum es überhaupt geht. Dann ist es sehr einfach, Modelle dafür zu begeistern. Es ist Anders, es ist Cool, es ist Besonders, auf Glasplatte gebannt zu werden. Aber es polarisiert auch, ich bin auch schon an Leuten gescheitert, die mit diesem Look einfach nichts anfangen können.
Andreas Reh - Photography on Facebook