Freitag, 24. Mai 2013

Go green.....!


So verrückt es im Zeitalter digitaler Kompaktkameras auch klingt, ich möchte mit der Kollodium-Nassplatten-Fotografie mehr Outdoor arbeiten, raus aus dem Studio und hinein in die Natur. Das liegt nicht an der historischen Technik, das Verlangen, in der Natur vor Ort zu arbeiten habe ich in letzter Zeit genauso mit meiner Digitalkameraausrüstung. Ein Studio bietet zwar komfortable kontrollierte Bedingungen und wetterunabhängiges Arbeiten, aber die Bilder wirken schnell steril und unaufregend.

Es ist eine echte Herausforderung mit Sack und Pack loszuziehen und sich den Unbilden vor Ort zu stellen. man weiss ja nie, was einen erwartet und das Ergebnis wird von dem Unerwarteten beeinflusst. Das ist spannend! Anfang Mai war ich auf dem grossartigen (danke Alex Timmermanns!) 2. European Collodion Weekend (ECW) in Eindhofen/ NL und konnte vor Ort miterleben, welche Schwierigkeiten mit der Arbeit verbunden sind, die Kollodium-Glasbilder draussen zu erstellen. Die Aufnahmen müssen ja unmittelbar vor Ort unter Dunkelkammer-Bedingungen entwickelt, fixiert und gewässert werden. Im Klartext heisst dass: Man muss neben der Kameraausrüstung, in meinem Fall eine Korona Pictorial View 8"x10" Kamera mit Zeiss Tessar 30cm/4.5 und ein stabiles Stativ, auch noch die gesamte Chemie, mindestens 10 Liter Wasser einen Klapptisch und die komplette Dunkelkammer mitnehmen! Das ist ein Haufen Zeug und wiegt in meinem Fall ca. 45 kg.

Zum Transportieren habe ich mir einen schicken zusammenklappbaren Angelwagen mit 75kg Nutzlast angeschafft, längere Wege werden natürlich mit dem Auto zurückgelegt. Als Dunkelkammer vor Ort dient ein amerikanisches Eisfischer-Zelt, Marke Eskimo Quickfish 3. Mit 2x2x2m ist es sehr geräumig und dank einer schwarzen Beschichtung innen, absolut lichtdicht. Die Fenster wurden durch rote Schweisserschutzfolie ersetzt, nach langem Suchen habe ich eine dafür geeignete absolut UV-dichte Folie gefunden, eine Kemper-Folie in Rot, die nun in dieser Ausführung leider nicht mehr erhältlich ist. (das Kollodium-Verfahren ist sensitiv für Licht im Ultravioletten Bereich).

Am 19.Mai 2013 war es dann soweit, das Wetter war sonnig und die Temperaturen mit 22 Grad perfekt für ein Outdoorshooting.
Das Auto vollgeladen mit Model und Ausrüstung und los ging es. Wir wollten zu einem nahen Waldstück auf einem Berg, eine recht schwierig zu erreichende Location, auch um zu testen, ob so etwas überhaupt mit soviel Ausrüstung machbar ist. Eines vorweg, mit 45kg auf einem Angelwagen durch unwegsames steiles Gelände, dass kann man getrost vergessen. 1.Lektion gelernt, wir mussten 2-mal fahren.

Vor Ort angekommen schlugen wir das Zelt auf, was dank ausgeklügelter pop-up Automatik völlig problemlos alleine in nur 3 Minuten erledigt war. Schnell noch die Sachen hergerichtet und die Kamera aufgebaut, auf die Szenerie ausgerichtet und schon war wieder eine Stunde vergangen.

In den Niederlanden auf dem ECW war es auch sonnig und viele Teilnehmer hatten Schwierigkeiten mit zuviel Licht. Wir waren nun im schattigen Wald und nun lag es mangels Belichtungsmesser an meiner noch nicht vorhandenen Erfahrung, die Belichtungszeit grob zu schätzen. Ich entschied mich für 3 Sekunden bei 30cm/Blende 4.5 .... falls das zuviel sein sollte, konnte ich mit der Entwicklung noch etwas gegensteuern oder nachhelfen. Aber dass ging komplett daneben, das Bild wurde viel zu dunkel, also hiess es die Belichtungszeit auf 6 Sekunden zu verdoppeln und es noch einmal zu versuchen.....und das Bild wurde wieder zu dunkel.

Die dritte Aufnahme, mit 9 Sekunden belichtet, wurde dann zufriedenstellend. Sehr interessant finde ich hier, wie dunkel das Blattgrün im Kollodium-Verfahren wird, an der gleichen Location hatte ich ein Jahr zuvor Infrarotbilder erstellt, im Gegensatz hierzu ist das Grün auf den damaligen Aufnahmen fast weiss. Wir belichteten drei weitere Glasplatten und nach insgesamt 4 Stunden kamen wir erschöpft aber zufrieden wieder zu Hause an.

Die Erkenntnisse des ersten Kollodium-Nassplatten-Ausfluges:

  • Alleine kann man so eine Expedition nur machen, wenn es über befestigte Wege geht, ansonsten nur mit Begleitperson
  • Es zeigte sich, dass es im Zelt zu dunkel war.....nun.... ein Dunkelkammerzelt mit roten Fenstern im dunklen Wald aufgestellt, ist eigentlich logisch :-) Um vernünftig arbeiten zu können habe ich mittlerweile eine rote batteriebetriebene 1 Watt-LED-Dunkelkammer-Leuchte für das Zelt konstruiert. 
  • Der Wind ist der grösste Feind beim Aufgiessen des Kollodiums auf die Glasplatte, im Zelt geht das besser.
  • Von den Bäumen im Wald fällt allerhand Unrat nach unten, unsere Wässerungsschalen sahen nach 2 Stunden aus wie Kompostbehälter. 
  • Ein Belichtungsmesser muss her, der Gossen Lunasix F sollte ganz gut dafür geeignet sein.
  • Die Stativbefestigung der Kamera muss gegen Verdrehen gesichert werden.
  • Ein Müllbeutel für die ganzen verbrauchten Tücher muss mitgenommen werden, an den Abwasserbehälter hatte ich vorausschauend gedacht. 
  • Die Location muss mit Bedacht auf die besonderen Eigenheiten in der Darstellung von Kollodiumbildern gut gewählt werden, eine gute Infrarot-Location heisst nicht zwangsläufig, dass der Ort auch für Kollodiumbilder gut geeignet ist.
Alles in Allem hat sich die in monatelanger Kleinarbeit zusammengestellte Ausrüstung, wie erwartet, gut bewährt. Es waren nur Kleinigkeiten die zum perfekten Ausflug fehlten. Vor allem die selbstgebauten Transport und Aufbewahrungsbehälter für die Glasplatten vor Ort sind Gold wert, der ganze Aufwand wird ja nur betrieben, damit als Resultat gute Bilder dabei herauskommen. Die sollte man dann natürlich auch wohlbehalten und sicher bis nach Hause transportieren können. In den Behältern sind die, im nassen Zustand sehr empfindlichen Bilder, sicher gegen Staub und Verkratzten untergebracht.

Andreas Reh - Photography on Facebook

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