Ausstellung KI-Biebertal, März 2012 |
Im Frühjahr 2012 bin ich auf der Suche nach Inspiration im Internet auf die Aufnahmen des amerikanischen Fotografen Mark Sink gestossen, welche mich sofort in ihren Bann gezogen haben. Mark fotografiert Menschen auf Glasplatten mit dem historischen Kollodium-Nassplatten Prozess. Seine Bilder sind anders, technisch unvollkommen, aber ehrlich und mit einer unvergleichlichen Anmutung aus einer längst vergangenen Zeit. Und sie haben etwas Besonderes, als würden sie etwas von der Seele der Portraitierten preisgeben, einen Blick hinter die Fassade erlauben.
Ich informierte mich etwas genauer über diesen archaisch anmutenden fotografischen Prozess Kollodium-Nassplatten-Fotografie, verwarf aber aufgrund des enormen Aufwandes die Idee, mich näher damit zu beschäftigen. Aber wie das so geht, wenn man etwas Faszinierendes gesehen hat, es lässt einen nicht mehr los. Bei jedem Ausflug in das Internet kamen diese Kollodium-Bilder wieder hoch und in dem Moment, als ich Ian Ruthers "Silver and Light" Video gesehen hatte, war ich gefangen. Ian hat seinen LKW zu einer Kamera umgebaut und macht Kollodium-Nassplatten bis zu einer Grösse von 180x160 cm. Die Grösse alleine ist sehr beeindruckend, viel mehr aber hat mich sein Statement und seine Bilder beeindruckt, "Das einzig existierende Limit ist jenes, welches Du Dir selbst setzt!"
Eines war mir klar: Ich wollte so, wie bisher, nicht mehr weiter fotografieren. Also warum nicht einfach die Herausforderung annehmen und es versuchen. Wenn Ian Platten im Quadratmeter-Format bewältigte, würde ich wohl ein Glas-Scheibchen in Schulheftgrösse zustande bringen. Der Kollodium-Prozess erschien mir aber so kompliziert und schwierig, dass ich mir nur ein bescheidenes Ziel setzte. Ich wollte nur ein einziges wirklich gelungenes Bild in Händen halten, mehr nicht.
Also machte ich mich an die Arbeit. Es galt, Lieferanten für die benötigten Rohmaterialien und Chemikalien zu finden, unsere Werkstatt musste zur Dunkelkammer umgerüstet werden und eine geeignete Kamera brauchte ich auch noch. Und ich fand auf dem Weg zur Kollodium-Nassplatten Fotografie meine alte Liebe zu schönen historischen Dingen wieder.
Wollensak Vitax 16", 1916 |
Century Studio 4a Kamera, 1923 |
Century Studio Stand Replika, 2012 |
Energiesparlampen-Cluster 1320W |
Dunkelkammerausstattung |
Ich hatte alles in mich aufgesogen, was es an Literatur zu finden gab und fühlte mich schon als Experte, bevor ich überhaupt die erste Platte belichtet hatte. Gleichzeitig hatte ich aber soviel Respekt vor dem Prozess, dass ich es wochenlang vor mir herschob, den ersten Schritt in die praktische Ausübung zu tun.
Aber der Tag kam in der dritten Septemberwoche, nun war es soweit, es gab kein Zurück mehr. Mit klopfendem Herzen mischte ich die für den fotografischen Prozess benötigten Chemikalien an und bereitete als Motiv meine Schaufensterpuppe im Fotostudio vor. Ich hatte im amerikanischen Collodion-Forum inzwischen einige Fotografen gesehen, die am Verfahren schier verzweifelten. Also sagte ich mir, es wäre ja schon ein Erfolg, wenn auf der belichteten Platte überhaupt etwas zu sehen wäre. Aber es kam, wie es kommen musste, mangels Erfahrung und Richtwerten in Sachen Belichtungszeiten und Entwicklung, war auf der ersten Platte....nichts.....überhaupt nichts ausser Wolken zu sehen. Da ich eine Schaufensterpuppe im Studio als Motiv gewählt hatte, war das nicht gut. Also noch einmal.... länger belichten, länger entwickeln....na, es geht doch, ein Bild erschien auf der Glasplatte und es war gar nicht mal so schlecht. Es war viel besser, als ich bei 90% aller Erstversuche im Internet gesehen hatte. Ich war so stolz auf dieses Bild und auf das, was ich da alleine auf die Beine gestellt habe! Egal was nun passieren würde, ich hatte meinen ersten Erfolg verbucht.
Kollodium-Nassplatte auf Klarglass 0.3x18,5x23,5cm |
Ian Ruther, Silver and Light: http://vimeo.com/39578584
Andreas Reh Cyanotypien: edeldruck.blogspot.com
Andreas Reh, Homepage: www.andreasreh.de
Andreas Reh - Photography on Facebook
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